Das niederschmetterndste aller Gefühle ist jenes, wenn Sie sich selber mit einem Eigentor ins Abseits katapultieren.
Leider können Sie Ihren oder Ihre Gegner nicht mit einem gemeinen Kick ans Schienbein auf eine Trage katapultieren, da es sich bei sogenannten
Gegnern um ihre beste Freundin und deren Schwester handelt.
"Shit happens!"
Wie schon gesagt, kann ein Ferienaufenthalt Wunder vollbringen.
Jedoch sollten Sie gewisse Breitengrade vermeiden. Zum Beispiel
diejenigen, in welchem sich das Land der Zitronen- und Olivenbäume,
das Land der Mode und der Ästhetik schlechthin befindet. Angeln Sie
an Finnlands Fjorden, tanzen Sie mit Massai-Kriegern um die Wette,
backen Sie Fladenbrot bei den Indios, aber vermeiden Sie den Stiefel
Europas. Suchen Sie sich stattdessen ein Land, wo die Menschen
bleicher, unmodischer und unattraktiver sind sowie ein Manko an
Eros versprühen.
Wenn Sie noch besagte beste, grünäugige Freundin und 7 Jahre
jünger als Sie selber mitschleppen, haben Sie sich gerade die erste
Ohrfeige verpasst. Wenn Sie zur besten Freundin noch deren kleine
Schwester, 14 Jahre jünger und mit den Massen eines Models
ausgestattet mit in die Reisetasche packen, dann springen Sie
am besten gleich mit dem Kopf gegen eine Wand. Valentina
hätte sich Wagenschmiere ins Gesicht kleckern oder Hörner
aufsetzen können - es hätte nichts geändert oder verwüstet.
Gott und sämtliche Helfershelfer hatten ganze Arbeit geleistet.
"Che bella, che bellissima! Schläft Deine Tochter noch?" Autsch!
Während sich die beste Freundin und Valentina noch die Kopfkissen
um die Ohren hauten, unterhielt ich den Kellner im Speisesaal des
Hotels. Eigentlich war er nett. Doch mit der Frage nach meiner
Tochter warf er in mir wiederum die Frage auf, ob ich den
Anschein einer 40-jährigen vermittelte oder Valentina so demonstrativ
blutjung aussah? Ich war stinkig gelaunt, also beschloss ich,
diese harmlose Frage als Beleidigung zu werten und noch stinkiger
zu werden. "Weißt Du, ich bevorzuge Ausländerinnen!" ertönte
es hinter dem Kaffekrug. Ach ja? "Und ausserdem liebe ich ältere
Frauen!" Ich beschloss, nicht nur noch stinkiger zu werden sondern
mich gleich in die Fluten zu werfen und darauf zu hoffen, dass ein
verirrter Hai oder ein anderes Meerestier noch nicht gefrühstückt hatten.
Die Pfiffe hatten mir gegolten! Strike! Endlich! Die Welt war doch nicht
so schlecht, bis...tja...bis hinter mir Valentina und Vanessa auftauchten
und sämtlichen Männern in Ricciones Strassen fast die Köpfe von den
Schultern rollten und die Augen aus den Höhlen fielen. Gott war gemein,
mein Schicksal war gemeiner, die Männer hier waren obergemein,
Valentina und Vanessa waren mega gemein und ich überlegte, wen
ich nun für meinen Frust verantwortlich machen sollte? Vanessa wohl
kaum - sie war unsere Fahrerin und ihr gehörte das Auto. Hm...
Augen zu und durch!
"Ich weiss, wie das ist....glaub' es mir!" tröstete mich Vanessa,"
Man erträgt diese Bewunderung für Valentina nur dann, wenn man
ihre Schwester ist! Ansonsten hätte ich ihr schon lange die Augen
ausgekratzt!"
"Madonna mia, wie schön Du bist! Wow! Das ist doch nicht möglich!"
Ich blickte mich um. Von Vanessa und Valentina keine Spur. ??? "Ja, Du!"
Der Typ der tatsächlich mich anstarrte, hatte gerade sein Weinglas
umgeworfen als er vom Stuhl aufgesprungen war. Die Arme ausgebreitet
strahlte er mich an und bedeutete mir, mich zu ihm und den drei Pärchen
am Tisch zu setzen. Nun war sie da, die ultimative Gelegenheit, die
Chance meines Lebens, das As im Ärmel, Mr. Perfect Gentleman. Er war
attraktiv, sympathisch und erst noch in meinem Alter. Doch Feigling der
ich war, lächelte ich zaghaft, schüttelte den Kopf und flüchtete
hinter meinen beiden Puppen die Galerie hoch.
Geradewegs in die Arme des Fussballclubs von San Marino, der beim Anblick
von zwei paar grünen Augen nicht nur seinen 1:0 Sieg feierte sondern den Fund
des heiligen Gral besang. Trotz einer Alters-Höchstgrenze von 25 Jahren die wir
Valentina aufgebrummt hatten weil alles, was drüber war, uns gehörte, liess es
sich nicht vermeiden, dass besagte ältere Männer sich keinen Deut um dieses
unsichtbare Verbot scherten und sie umschwirrten wie die Motten das Licht.
Und mich ignorierten wie der Teufel das Kreuz.
"Wollen wir mal nach unten laufen und nachschauen, ob "er" noch
dort sitzt? Vielleicht kommt ihr ins Gespräch?" Sollte ich tatsächlich
das Schicksal herausfordern?
Nach einem kalten Baccardi Cola mit anständigem Alkohol Pegel,
einem warmen Baccardi Cola spendiert vom Fussballclub San Marino
mit unanständigem Alkohol Pegel, nach einem Lauf zur Toilette in
welcher man das Gefühl hatte in einer finnischen ultra-heiss-Sauna
zu hocken, nach einem hypnotisierenden Blick auf 2 Millionen eng
aneinander gedrückte Menschen die wie wild versuchten, den Boden
der Tanzfläche einzustampfen, einer Musiklautstärke die einem
sämtliche Gleichgewichtskörner in den Ohren durcheinanderwirbelte
und nach einer lausig langweiligen Diskussion mit einem der "doofen"
Kollegen der Superstar Fussballer welche die beiden Schwestern
unter Belagerung hielten, holte es mich ein.
Das gemeinere Schicksal. Platzangst und Baccardi Cola hatten
soeben einen Pakt geschlossen und sich gegen mich verbündet.
Adios Fussballclub. Ciao Unbekannter. Welcome Paperbag zwecks
Hyperventilations-Bekämpfung.
Die Moral der Geschicht? Warme Baccardis trinkt man nicht.

Helena Ugrenovic
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